“Unsere Anwesenheit ist ein Zeichen der Ungehorsamkeit gegenüber Staaten”
Der Refugee Protest March erreichte nach über 300 gelaufenen Kilometern am Montag den 24. September Leipzig. Bei einem ersten Besuch im Flüchtlingslager Grünau teilten die Protestierenden den dortigen Bewohner*innen ihre zentralen Anliegen mit – Abschaffung der Residenzpflicht, Abschiebestopp, Abschaffung der Lager – und ermutigten sie, sich ihnen anzuschließen. Am Dienstag gaben die Protestierenden bei strahlendem Sonnenschein eine Pressekonferenz am Karl-Heine-Platz um danach mit zahlreicher Unterstützung auf einer Demonstration durch Leipzig zu ziehen.
“Die Residenzpflicht ist für uns nicht akzeptabel und wir werden mit jedem Schritt dieses Gesetz durchbrechen.”
So führten die Streikenden ihren Marsch durch Leipzig auf einer lautstarken und entschloßenen Demonstration fort. Die 50 Protestierenden, denen sich nun auch Flüchtlinge aus Halle und Leipzig anschlossen, erneuerten Ihre Forderungen lautstark zusammen mit mindestens 400 UnterstützerInnen. Auf etwa zehn Kilometern skandierten Streikende und Unterstützende den Leipziger*innen ihre Forderungen nach Bewegungsfreiheit und Bleiberecht entgegen, verteilten Tausende Flugblätter und machten unter anderem vor dem Neuen Rathaus Stop um Redebeiträge zu verlesen. Der symbolische Platz vor dem Neuen Rathaus wurde energisch eingenommen und Statuen erklommen um Transparente gut sichtbar zu Platzieren.
“Der Mensch kommt auf die Welt, lernt zu gehen und geht der Freiheit entgegen”
Die Notwendigkeit die Schritte in Richtung der Freiheit zu erlernen galt es vor dem Neuen Rathaus mit besonderem Nachdruck zu betonen. So wurde an diesem Ort nur einige Monate zuvor beschloßen Flüchtlinge, zwar in kleineren, aber weiterhin in Lagern unterzubringen. Und Bürger*innen konnten diesen Ort nutzen um ihre rassistischen Vorstellungen vorzutragen und um gemeinsam den Wertverfall ihrer Eigenheime zu bejammern, den der Zuzug von Flüchtlingen in ihre Nachbarschaft angeblich mit sich bringen würde… Dem institutionellen Rassismus der Stadt und dem der Bürger*innen erteilten die Demonstrationsteilnehmer*innen eine klare Absage.
“Wir haben sechs Monate auf der Straße gewohnt, um klar zu machen, dass wir dagegen sind in Lagern wohnen zu müssen.”
Die Demo führte weiter durch die heile Konsumwelt der Leipziger Innenstadt, deren feierliche Stimmung aufgrund der Eröffnung eines weiteren riesigen Einkaufszentrums an diesem Tag, mit durch die Gassen hallenden Rufen, nach Bewegungsfreiheit und gegen Nationalismus und Kapitalismus, bedacht wurde. Auf der zweiten Hälfte der Demonstration zogen die Streikenden in den Osten der Stadt. Dort kam auf einer weiteren Kundgebung ein streikender Leipziger Flüchtling zu Wort, der die Marschteilnehmenden begrüßte und seine Unterstützung betonte. In einem weiteren Redebeitrag trug die Leipziger Gruppe “The Future is Unwritten” die Verbindung zwischen Kapitalismus, Migrationskontrollen und institutionellem Rassismus vor.
“Flüchtlinge bleiben – Nazis vertreiben”
Nur einmal tauchten am Rande der Demonstration zwei Nazigestalten auf, die mit lautstarker Antipathie bedacht und schnell von ihren Freund*innen in Uniform in Schutz genommen wurden. Der Aufruf der NPD nach “kreativem Widerstand” gegen den Protestmarsch verhallte in Leipzig und wurde von einer sehr breiten Unterstützung übertönt. Auch die Erfahrung aus Erfurt wird den Nazis gezeigt haben, dass mit den entschloßenen Streikenden nicht zu Spaßen ist – dort standen Nazis etwa 30 Sekunden mit Transparenten neben einer Pressekonferenz der Streikenden bevor sie ihrer Propaganda Materialien entledigt und entschloßen vertrieben wurden. Die nächsten Tage wird der Protestmarsch durchs provinzielle Nordsachsen und das auch nicht viel bessere Sachsen-Anhalt ziehen. Eine breite Unterstützung des Protestmarschs wird auch dort benötigt – Es bleibt wichtig den Marsch zu begleiten – Alle Flüchtlinge, Antirassist*innen und Antifaschist*innen sind aufgerufen dies zu tun!
“Wir rufen einander zu um das zu tun, wozu wir alle fähig sind: zum Kampf um die Freiheit.”
Die letzten Kilometer der Demonstration führten über die Eisenbahnstraße, in der viele Menschen mit Migrationserfahrung erreicht wurden, von denen sich Einige solidarisierten und mit den Streikenden in Richtung des Flüchtlingslagers in der Torgauer Straße 290 zogen. Das Sozialamt hatte zusammen mit Polizei und Ordnungsamt “aus Sicherheitsgründen” ein Verbot ausgesprochen, das Gelände des Lagers zu betreten. Dem widersetzten sich spontan hunderte von Demonstrant*innen, liessen den Torwärter nach “Einhaltung der Spielregeln” stammelnd stehen und besetzten kurzer Hand die Grünfläche vor den zwei hässlichen Lagergebäuden. Dort wurden die anwesenden Flüchtlinge angesprochen und von den Streikenden über ihren Marsch informiert, schließlich verabschiedeten sich die Teilnehmenden des Potestmarsch von denjenigen Unterstützer*innen die in Leipzig bleiben würden bei einer Abschlußkundgebung, warmen Essen und Musik.
Wir bedanken uns bei den Teilnehmenden des Protestmarschs, dass sie ihren Kampf nach Leipzig brachten und erklären und weiterhin uneingeschränkt solidarisch mit dem Refugee Protest March to Berlin und seinen Forderungen!
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