Monthly Archive for October, 2012

Nachtrag zu letztem Montag in Berlin

Besetzung der Nigerianischen Botschaft in Berlin – Unsere Solidarität gegen ihre Repression!

Nur zwei Tage nach der großen Refugee Strike Demonstration mit vielen Tausend Teilnehmenden, wurde am Montag den 15.10. die nigerianische Botschaft in Berlin-Mitte von Aktivist*innen des Protestcamps besetzt.

Nie wieder Botschaftsanhörungen!
Mit dieser Aktion skandalisierten die Besetzer*innen die Kooperation des Nigerianischen Staates mit dem deutschen Staat bei der Ermöglichung von Abschiebungen. Diese Kooperation äußert sich vor allem in Botschaftsanhörungen, die auch in der am Montag besetzten nigerianischen Botschaft regelmässig stattfinden. Dabei werden Geflüchtete Menschen dazu gezwungen in der jeweiligen Botschaft zu erscheinen, damit ihre Staatsbürgerschaft durch die Mitarbeitenden der Botschaft verifiziert wird, um ihnen Reisedokumente auszustellen mit denen sie abgeschoben werden können.
Die zentrale Forderung der Besetzenden an den Nigerianischen Staat ist die Aussetzung der bestehenden Abschiebeverträge mit dem Deutschen Staat.

“Genug ist genug – wir haben ein Stadium erreicht, in dem wir offensiv nein sagen müssen zu Abschiebedrohungen und Missbrauch, weil Abschiebungen ein koloniales Erbe sind und Unrecht bedeuten. Deshalb haben wir angefangen angemessene Aktionen gegen solche Handlungen zu starten, die eine Fortsetzung der Traumatisierung und der Zerstörung von Migrant_innen und Geflüchteten in Deutschland bedeuten.”

Dem begegneten sowohl die Sicherheitsangestellten der nigerianischen Botschaft als auch Berliner Polizist*innen mit voller Härte. Nachdem die Security-Leute der Botschaft den Besetzenden mit Baseballschlägern drohten, traf die Polizei ein, nahm alle Besetzenden fest und ging unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken gegen Menschen vor, die sich mit den Besetzenden solidarisierten und vor der Botschaft lautstark protestierten. Mindest zwei Personen sind vor der Botschaft verhaftet worden, unter ihnen ein Aktivist von The VOICE Refugee Forum, der von der Polizei mit Pfefferspray misshandelt wurde. Er wurde verhaftet, nachdem er das Botschaftsgebäude wieder verlassen hatte, in das er gegangen war, um beim Einsatzleiter der Polizei Anzeige zu erstatten. Er musste in einem Krankenwagen behandelt werden. Weitere brutale Polizeiübergriffe gab es bei einer Spontan-Demonstration von etwa 100 Menschen, die von der nigerianischen Botschaft zurück zum Oranienplatz-Camp führte und bei der weitere Menschen verhaftet wurden


Das brutale Vorgehen der Polizei und die zahlreichen Festnahmen blieben nicht unbeantwortet, so formierte sich am frühen Abend eine Spontan-Demonstration von etwa 1000 Teilnehmenden am Oranienplatz, die entschloßen zur Gefangenensammelstelle (Gesa) in Tempelhof führte. Die Versuche der Polizei die Demonstration zu behindern konnten an der Entschlossenheit der Demonstrierenden nichts ändern und ließen sie immer wütender Richtung Tempelhof ziehen, wo sie am Abend die freigelassenen Gefangenen begrüßen konnten. Letztere berichteten von rassistischen Drohungen die sie während ihres Knastaufenthaltes von einigen Polizist*innen ertragen mussten.

Unsere Solidarität gegen ihre Repression!

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Redebeiträge von der Demo am 13.10. in Berlin

Puh, das war wohl die größte von Geflüchteten organisierte Demonstration in der jüngeren Geschichte. Die Pullizei spricht von 2000 Menschen, dpa von 3000, die taz von 6000. Auf jeden Fall waren wir richtig, richtig viele und es gab richtig viele gute Redebeiträge. Einige davon dokumentieren wir im Folgenden:

Deutschland und seine Gesetze

      

Roma in Europa

      

Rassismus ist eine Waffe

      

Aktuelle Erklärung der streikenden Flüchtlinge

      

 

 

 

Kreative Protestaktion von Geflüchteten im Leipziger Land

In Borna protestierten am Samstag Asylbewerber*innen gegen das Gutscheinsystem. Die Protestierenden gingen gemeinsam einkaufen und nutzten zum Bezahlen ausschließlich Gutscheine im Wert von 1,2,5,10 und 20 Cent – da jeder Gutschein einzeln unterschrieben werden muss, blockierten sie mit dieser Aktion die Supermarktkassen! Mit dieser Aktion unterbrachen die Protestierenden die samstägliche Einkaufsidylle und nutzten den Raum um andere Einkaufende über das Übel der Gutscheine zu informieren:
 “Wir, Asylbewerber und Asylbewerberinnen aus dem Landkreis Leipzig, protestieren heute gegen das uns diskriminierende Gutscheinsystem.
 Damit Sie verstehen, weshalb Sie heute etwas mehr Zeit an der Kasse benötigen, möchten wie Ihnen unsere Situation erklären. Wir entschuldigen uns für die längere Wartezeit.
Wir leben zum Großteil in den vier Asylbewerberheimen, die es im Landkreis Leipzig gibt. Der Landkreis sieht für uns die Versorgung mit Gutscheinen anstatt Bargeld vor. Von Gesetzeswegen her ist es dem Landkreis überlassen, in welcher Art un Weise er Asybewerber versorgt. Damit ist er sachsenweit jedoch der letzte von insgesamt 10 Landkreisen, welcher noch nicht auf Bargeldversorgung umgestellt hat.  
Es ist uns nicht begreiflich, warum dies so ist, neben den vielen Problemen, die die Gutscheinversorgung für uns bringt, kostet sie dem Land auch viel mehr als eine Bargeldversorgung.
 Wir dürfen die Einkaufläden nicht frei wählen und können mit Gutscheinen nur in bestimmten Läden einkaufen, auch wenn diese viele Kilometer vom Heim entfernt liegen, obwohl andere Einkaufsmöglichkeiten vorhanden wären.
Bestimmte Artikel (Geschirr, Spielzeug, Schreibzeug und Papier, Einkaufstüten…) dürfen nicht von den Gutscheinen gekauft werden. Bekleidungsgutscheine werden monatlich ausgezahlt (30€) und können nicht zusammengelegt werden, da sie sonst verfallen.
 Es ist bei jedem Einkauf aufs Neue eine Erniedrigung, an der Kasse jeden Gutschein einzeln unterschreiben zu müssen, insbesondere wenn andere Kunden deswegen warten müssen. Seit letztem Monat werden sogar 1-Cent Gutscheine ausgegeben…
 Aus diesen Gründen stehen wir heute auf, um gegen ein System zu protestieren, das uns diskriminiert und zu Menschen zweiter Klasse macht, denen man es nicht gewährt mit echtem Geld zu bezahlen.”
 Nach dem Gutscheinboykott im Juli diesen Jahres ist dies eine weitere beachtliche Aktion der selbstorganisierten protestierenden Geflüchteten im Leipziger Land! Wie die Protestierenden auf dem Refugee Protest March, ermächtigen sich auch in der sächsischen Provinz Asylbewerber*innen und setzen sich gegen die systematische Unterdrückung und Isolation von Geflüchteten und Migrant*innen mit unsicherem Aufenthalt zur Wehr!
 Unterstützt den Widerstand der Protestierenden in Sachsen und in Berlin!
Schreibt dem verantwortlichen Landrat Gerhard Gey (Adresse: s.u.) eure Meinung zum Gutscheinsystem und kommt am Samstag, den 13.10. nach Berlin zur großen Demonstration des Refugee Protest March!
——————
Post an:
Landrat Gerhard Gey
Stauffenbergstrasse 4, Haus 2
04552 Borna
E-mail: gerhard.gey@lk-l.de
Telefon: 03433 241 1001

Demonstration in Berlin am 13.Oktober

Aufruf:
Wir sind Flüchtlinge aus den verschiedensten Regionen der Welt, wir alle flohen auf der Suche nach Freiheit und Menschlichkeit. Entgegen den Verheißungen fanden wir diese weder in Europa noch in Deutschland. Nach einem weiteren Selbstmord eines unserer Leidensgenossen, entschlossen wir uns, die Marginalisier-ung und Entrechtung, die der deutsche Staat für uns vorsieht, nicht mehr länger hinzunehmen.

Wir haben die Flüchtlingslager verlassen und die Essenspakete boykottiert. Wir haben die Gutscheine ignoriert und die Plätze der Städte besetzt. Seit dem 8. September befinden wir uns auf einem Protestmarsch von Würzburg nach Berlin, um unsere Forderungen in die Hauptstadt und damit in das politische Zentrum Deutschlands zu tragen. Mit der großen Demonstration in Berlin am 13. Oktober findet eine Etappe unseres Kampfes einen Abschluss, gleichzeitig markiert sie den Anfang einer neuen. Alle Menschen, denen das Menschsein noch etwas bedeutet, sind dazu aufgerufen, sich an diesem Tag und darüber hinaus unserem Protest anzuschließen. Setzten wir gemeinsam der Isolation, Diskriminierung und Zermürbung der Flüchtlinge ein Ende!

Abschiebestopp!
Abschaffung der Residenzpflicht!
Abschaffung der Flüchtlingslager!

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