Nur zwei Tage nach der großen Refugee Strike Demonstration mit vielen Tausend Teilnehmenden, wurde am Montag den 15.10. die nigerianische Botschaft in Berlin-Mitte von Aktivist*innen des Protestcamps besetzt.
Nie wieder Botschaftsanhörungen!
Mit dieser Aktion skandalisierten die Besetzer*innen die Kooperation des Nigerianischen Staates mit dem deutschen Staat bei der Ermöglichung von Abschiebungen. Diese Kooperation äußert sich vor allem in Botschaftsanhörungen, die auch in der am Montag besetzten nigerianischen Botschaft regelmässig stattfinden. Dabei werden Geflüchtete Menschen dazu gezwungen in der jeweiligen Botschaft zu erscheinen, damit ihre Staatsbürgerschaft durch die Mitarbeitenden der Botschaft verifiziert wird, um ihnen Reisedokumente auszustellen mit denen sie abgeschoben werden können.
Die zentrale Forderung der Besetzenden an den Nigerianischen Staat ist die Aussetzung der bestehenden Abschiebeverträge mit dem Deutschen Staat.
“Genug ist genug – wir haben ein Stadium erreicht, in dem wir offensiv nein sagen müssen zu Abschiebedrohungen und Missbrauch, weil Abschiebungen ein koloniales Erbe sind und Unrecht bedeuten. Deshalb haben wir angefangen angemessene Aktionen gegen solche Handlungen zu starten, die eine Fortsetzung der Traumatisierung und der Zerstörung von Migrant_innen und Geflüchteten in Deutschland bedeuten.”
Dem begegneten sowohl die Sicherheitsangestellten der nigerianischen Botschaft als auch Berliner Polizist*innen mit voller Härte. Nachdem die Security-Leute der Botschaft den Besetzenden mit Baseballschlägern drohten, traf die Polizei ein, nahm alle Besetzenden fest und ging unter Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken gegen Menschen vor, die sich mit den Besetzenden solidarisierten und vor der Botschaft lautstark protestierten. Mindest zwei Personen sind vor der Botschaft verhaftet worden, unter ihnen ein Aktivist von The VOICE Refugee Forum, der von der Polizei mit Pfefferspray misshandelt wurde. Er wurde verhaftet, nachdem er das Botschaftsgebäude wieder verlassen hatte, in das er gegangen war, um beim Einsatzleiter der Polizei Anzeige zu erstatten. Er musste in einem Krankenwagen behandelt werden. Weitere brutale Polizeiübergriffe gab es bei einer Spontan-Demonstration von etwa 100 Menschen, die von der nigerianischen Botschaft zurück zum Oranienplatz-Camp führte und bei der weitere Menschen verhaftet wurden
Das brutale Vorgehen der Polizei und die zahlreichen Festnahmen blieben nicht unbeantwortet, so formierte sich am frühen Abend eine Spontan-Demonstration von etwa 1000 Teilnehmenden am Oranienplatz, die entschloßen zur Gefangenensammelstelle (Gesa) in Tempelhof führte. Die Versuche der Polizei die Demonstration zu behindern konnten an der Entschlossenheit der Demonstrierenden nichts ändern und ließen sie immer wütender Richtung Tempelhof ziehen, wo sie am Abend die freigelassenen Gefangenen begrüßen konnten. Letztere berichteten von rassistischen Drohungen die sie während ihres Knastaufenthaltes von einigen Polizist*innen ertragen mussten.
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Puh, das war wohl die größte von Geflüchteten organisierte Demonstration in der jüngeren Geschichte. Die Pullizei spricht von 2000 Menschen, dpa von 3000, die taz von 6000. Auf jeden Fall waren wir richtig, richtig viele und es gab richtig viele gute Redebeiträge. Einige davon dokumentieren wir im Folgenden:
Deutschland und seine Gesetze
Roma in Europa
Rassismus ist eine Waffe
Aktuelle Erklärung der streikenden Flüchtlinge
Aufruf:
Wir sind Flüchtlinge aus den verschiedensten Regionen der Welt, wir alle flohen auf der Suche nach Freiheit und Menschlichkeit. Entgegen den Verheißungen fanden wir diese weder in Europa noch in Deutschland. Nach einem weiteren Selbstmord eines unserer Leidensgenossen, entschlossen wir uns, die Marginalisier-ung und Entrechtung, die der deutsche Staat für uns vorsieht, nicht mehr länger hinzunehmen.
Wir haben die Flüchtlingslager verlassen und die Essenspakete boykottiert. Wir haben die Gutscheine ignoriert und die Plätze der Städte besetzt. Seit dem 8. September befinden wir uns auf einem Protestmarsch von Würzburg nach Berlin, um unsere Forderungen in die Hauptstadt und damit in das politische Zentrum Deutschlands zu tragen. Mit der großen Demonstration in Berlin am 13. Oktober findet eine Etappe unseres Kampfes einen Abschluss, gleichzeitig markiert sie den Anfang einer neuen. Alle Menschen, denen das Menschsein noch etwas bedeutet, sind dazu aufgerufen, sich an diesem Tag und darüber hinaus unserem Protest anzuschließen. Setzten wir gemeinsam der Isolation, Diskriminierung und Zermürbung der Flüchtlinge ein Ende!
Abschiebestopp!
Abschaffung der Residenzpflicht!
Abschaffung der Flüchtlingslager!